Bester Handballer mit Reilinger Wurzeln

Datum: 24.02.2024

Matthias Rohr schafft eine außergewöhnliche Handballkarriere

Die Handballabteilung des Turnerbundes Germania 1890 e.V. Reilingen feiert ihren 100. Geburtstag. Den Auftakt bildete ein Festbankett am Dreikönigstag, 06. Januar, in den Fritz-Mannherz-Hallen. Repräsentanten aus Politik, Gemeinde, Vereinen und Partnern aus der lokalen Wirtschaft waren gerne der Einladung gefolgt. Als Ehrengast konnte BHV-Präsident Peter Knapp begrüßt werden. Ein Wiedersehen gab es ferner mit vielen Handballaktiven von früher und heute. Unter ihnen befand sich auch Matthias Rohr, der einst beim TBG Reilingen das Handball-Abc erlernte und zuletzt bei der SG Leutershausen spielte. „Aus meiner Sicht ist „Matze“ der beste Handballer, den die Reilinger Handballabteilung je hervorgebracht hat“, verrät TBG-Vorsitzender Georg Salzer.

Die sportliche Vita des 1,93 Meter großen Rückraumspielers liest sich wie die eines Ausnahmetalents mit einer außergewöhnlichen Handballkarriere, die im Alter von 29 Jahren wegen einer schweren Verletzung im Jahr 2008 ein jähes Ende nahm.

1980 in Heidelberg geboren, wuchs Matthias als Sohn von Petra und Pius Rohr in Reilingen auf, wo er im Alter von sieben Jahren zum ersten Mal mit dem Handballspiel in Kontakt kam. Bei den Minis und der Jugend des TBG wurde er unter anderem von Ernst Müller, Ernst Decker, Hans Schneider und Daniel Maier trainiert. Mit seinen Mannschaftskameraden, wie Ralf Schifferdecker und Christian Heitzler, stellten sich schnell Erfolge ein. So wurde der 13 jährige Matthias Rohr 1993 erstmals Badischer Meister in der D-Jugend, wo er noch zu den kleineren Spielern zählte, und zwei Jahre später erneut Badischer Meister mit der C-Jugend. Im Winter 1997 verließ Rohr als A-Jugendlicher den TBG in Richtung Kronau. Mit dieser Mannschaft ist er dann aus der Oberliga über die Regionalliga und nach dem Zusammenschluss mit Östringen zu den Krösties (heute Rhein-Neckar Löwen) bis in die Bundesliga aufgestiegen.

Bild 1993, Bildarchiv TBG
Der 13jährige Matthias Rohr (Nr. 6, stehend re.))wird mit der D-Jugend des TBG erstmals Badischer Meister.

1998 wurde Rohr erstmals in die Jugendnationalmannschaft (Jugend-Euro, Portugal) berufen. Die Aufzählung seiner Einsätze bei Länderspielen ist beeindruckend. Er absolvierte 20 Jugendländerspiele. 30 Mal stand er als Juniorennationalspieler für Deutschland auf dem Spielfeld. Ein 5. Platz bei der Junioren-Weltmeisterschaft in der Schweiz im Jahr 2001, zusammen mit Spielern, wie Christian Zeitz, Pascal Hens, Johannes Bitter und Carsten Lichtlein, war sein größter persönlicher Erfolg. In der Summe spielte Matthias Rohr zwei Jahre Bundesliga (Krösties, Wallau-Massenheim) und sechs Jahre in der 2. Bundesliga (Kronau, später Krösties, Oftersheim/Schwetzingen und Ludwigsburg/Ossweil).

Bild 200, Bildarchiv TBG
Christian Zeitz unterbricht den Spielzug von Matthias Rohr bei einem Bundesligaspiel gegen den THW Kiel.

 ‘GES//SGs Matthias ROHR gegen Christian ZEITZ (re). 1.Bundesliga: SG Kronau/Östringen – THW Kiel , 17.12.2003 ‘GES-Sportfoto/Am Herrenacker 5/76706 Dettenheim/ Sparkasse Karlsruhe/BLZ 66050101/Kto. 9862301/Tel.:07247-85483/ Fax:07247/85682/ // info@ges-sportfoto.de /// www.ges-sportfoto.de //

Bild 504, Bildarchiv TBG
Die Wurfgewalt des Rückraumspielers (linker Rückraum) Matthias Rohr war in der Liga geachtet.

‘GES// Kronaus Matthias ROHR HSG Kronau-Melsungen, 01.12.2001 ‘GES-Sportfoto/Am Herrenacker 5/76706 Dettenheim/ Sparkasse Karlsruhe/BLZ 66050101/Kto. 9862301/Tel.:07247-85483/ Fax:07247/85682/ // info@ges-sportfoto.de /// www.ges-sportfoto.de //

Mehr Zeit für Familie und Beruf

Wir haben uns mit dem ehemaligen Spitzenspieler, der als Steuerberater in die Fußstapfen seines Vaters Pius Rohr getreten ist, in Wiesloch, dem heutigen Wohnsitz seiner Familie, über die Sportart unterhalten, die sein Leben entscheidend geprägt hat.

Wie schwer war es, die Handballschuhe verletzungsbedingt an den Nagel zu hängen und eine vielversprechende Karriere aufzugeben?

Matthias Rohr: Es ist wirklich schwierig, wenn etwas so dein Leben prägt, du dich selbst darüber definierst und andere dich darüber definieren, aufgeben zu müssen. Damit musste ich erstmal mental klarkommen. Andererseits war mir immer klar, dass dieser Abschnitt irgendwann vorbei ist und ich bei der Schwere der Verletzung Glück hatte, dass es nicht schlimmer gekommen ist. Meine Familie hat mir dabei sehr geholfen.

Gab/gibt es eine Rückkehr zum Handball, in welcher Form auch immer?

Matthias Rohr: Ich habe nie den Kontakt zum Sport verloren. Im Abstiegskampf habe ich mal die TBG-Handballer unterstützt und war eineinhalb Jahre Trainer bei der TSG Wiesloch. Mein Sohn Jasper spielt aktuell B-Jugend und ich versuche, ihn bestmöglich zu unterstützen.

Gibt es Handballträume, die unerfüllt geblieben sind?

Matthias Rohr: Wenn du auf dem Level spielst und es immer nur bergauf geht, dann bist du nie richtig zufrieden. Wenn du ein Ziel geschafft hast, nimmst du das nächste in Angriff. Natürlich hätte ich gerne ein paar Jahre mehr Bundesliga gespielt oder auch mal einen Titel geholt. Letztendlich spielt dabei eben auch Glück eine Rolle. Aber inzwischen überwiegt bei Weitem der Stolz auf das, was man geschafft hat.

In welchen Vereinen hast du im Verlauf deiner Karriere gespielt?

Matthias Rohr: Ich habe für den TBG, die TSG Kronau, SG Kronau-Östringen, SG Wallau-Massenheim, die TSG Ludwigsburg Ossweil, HG Oftersheim-Schwetzingen und SG Leutershausen gespielt.

Welches war dein Lieblingsverein?

Matthias Rohr: Jeder Verein hatte etwas Besonderes. Die Jugend bei der TBG war unglaublich schön. Die Erfolge und Aufstiege mit meinen (noch heute) besten Freunden in Kronau waren aber unbeschreiblich. Das waren eine Euphorie und ein Zusammenhalt, wie ich sie danach nirgendwo anders erlebt habe.

Dein größter sportlicher Erfolg?

Matthias Rohr: Es ist schwer, das zu bewerten. Der Aufstieg mit Kronau und den heutigen Löwen von der 4. Liga bis in die 1. Bundesliga innerhalb von fünf Jahren ist etwas, das wirklich außergewöhnlich war.

Welcher Handballspieler war dein Vorbild/Idol?

Matthias Rohr: Ein richtiges Vorbild hatte ich tatsächlich nicht. Als ich Jugendspieler war, war Anfang der 90er die SG Wallau-Massenheim das beste Team Deutschlands. Die fand ich großartig. Dass ich dann selbst mal für die SG spielen durfte, war dann etwas ganz besonderes für mich.

Wer war der beste Spieler, mit dem du zusammenspielen durftest?

Matthias Rohr: Da würde ich mehrere nennen, weil Spieler ja nicht vergleichbar sind: Christian Zeitz, Valerie Gopin und Igor Lawrow.

Lässt der anspruchsvolle Beruf als Steuerberater noch Zeit für Hobbys?

Matthias Rohr: Es wäre schade, wenn der Job verhindern würde, dass ich keine Hobbys mehr habe. Natürlich habe ich wenig Freizeit, aber ich versuche sie gut zu nutzen. Ich mache viel mit meinem Sohn oder meinen Freunden und gehe super gerne Skifahren.

Vom 10. bis 28. Januar sorgte die 16. Handball-Europameisterschaft der Männer für enormes Aufsehen und setzte Maßstäbe im Handballsport. Welchen Eindruck hat bei dir der Auftritt der Deutschen Handballer hinterlassen, die sich mit dem undankbaren 4. Platz begnügen mussten und nur knapp die direkte Olympiaqualifikation verfehlten?

Matthias Rohr:  Ich finde, die Mannschaft hat sportlich gezeigt, dass wir in den kommenden Jahren mit vielen jungen Spielern wieder näher an die Weltspitze heranrücken können. Bei dieser EM hat uns ein stückweit der Heimvorteil ins Halbfinale getragen. Ich glaube, derzeit sind wir in der Breite noch nicht so stark wie Medaillengewinner. Daher ist der 4. Platz natürlich undankbar, aber realistisch betrachtet schon fast das Maximum, was derzeit möglich ist. Aber vor allem das Auftreten war eine super Werbung für unseren Sport. Die Jungs sind fair, authentisch und sind stolz darauf, unser Land zu repräsentieren.  Das hat man am Einsatz und dem Willen in jeder Aktion gesehen. Das sind genau die Dinge, die wir in anderen Sportarten vermissen. (jd)

Bild Autogrammkarte, Bildarchiv TBG
Die Autogrammkarte zur Bundesligazugehörigkeit von Matthias Rohr.

Fotos: TBG